Der Lockdown hat ein Ende - und die ersten Kinos öffnen wieder ihre Pforten und Säle. Mit zusätzlichem Sicherheitsabstand und Hygieneregeln werden diese Woche die Filmpalette und das Odeon den Spielbetrieb wieder aufnehmen. Die Filmpalette startet am Mittwoch mit zwei Sneak Previews, das Odeon mit John Hughes' Kultkomödie „Kevin - Allein zu Haus“, dem perfekten Statement zum Corona-Cocooning. (Update 2.6.: Einen Tag nach der Filmpalette und dem Odeon öffnet nun auch das Cinenova spontan wieder seine Kinos.)
Neben einigen Wiederaufführungen kommen folgende Filme neu auf die Leinwände:
Alejandro Landes variiert in „Monos – Zwischen Himmel und Hölle“ (Cinenova und Filmpalette, auch in OmU) das „Herr der Fliegen“-Thema mit einer paramilitärischen Kinder- und Jugendtruppe im kolumbianischen Hochland und dem Regenwald bild- und tongewaltig. Ein flirrender und dröhnender, elektronischer Soundscape und fantastische Bilder von Landschaften und kriegerischen Ritualen, die an Harmony Korine erinnern, ziehen einen in diese anfangs spielerische, aber zunehmend existentielle Extremsituation des Guerilla-Kriegs, in dem alle Grenzlinien verschwommen sind und keiner zu wissen scheint, wofür oder wogegen er kämpft und auch nicht mit oder gegen wen. Ein düster funkelnder Alptraum, der Kriegsmythen wie Stolz, Ehre und Kameradschaft entzaubert.
Ein einsames Bergdorf in Anatolien: Hier leben die Schwestern Reyhan, Nurhan und Havva – 20, 16 und 13 Jahre alt – mit ihrem Vater Sevket in einem kleinen schlichten Haus. Außerdem ist da noch der etwas trottelige Hirte Veysel, mit dem Reyhan aus der Not einer unehelichen Schwangerschaft heraus verheiratet ist. Die Mädchen waren als Dienstmagd in der Stadt angestellt, doch eine nach der anderen wurde wegen Verfehlungen wieder nach Hause geschickt. Ihre Hoffnung auf ein anderes Leben ist damit gestorben, der Vater empfindet die Rückkehr als Schande. Etwas dialoglastig, dafür aber mit tollen Bildern aus dem Dorf und der Berglandschaft ausgestattet, reicht Emin Alpers dritter Spielfilm „Eine Geschichte von drei Schwestern“ (OmU in der Filmpalette) nicht an die Meisterwerke eines Nuri Bilge Ceylan heran, gibt aber einen spannenden Einblick in eine festgefahrene patriarchale und kapitalistische Gesellschaft, in der die Freiheit sehr eng abgesteckt ist.
Erst durchwandert er die USA, dann knöpft er sich New York City vor. Matt Green ist seit 2012 dabei, jede Gasse der Metropole abzulaufen. „New York – Die Welt vor deinen Füßen“ (OmU im Odeon) begleitet ihn auf seinem Weg. Unterwegs hält der ehemalige Ingenieur Smalltalks, bietet Hilfe an, bleibt stehen und – nimmt wahr. Er unterhält einen Blog, auf der man die Tagesroute verfolgen kann und Wissenswertes über die Stadt erfährt. Eine Philosophie hat er nicht. Er will bloß sein Ding machen. Dabei begegnet er auch Misstrauen: Das sei unnütz! Will er aus der Sache nur Kapital schlagen? Vorurteile, die dem Betrachter womöglich selbst durch den Kopf gehen. Doch Green bleibt glaubwürdig und wird zunehmend sympathisch. Weil er aussteigt und die Freiheit lebt. Weil er Dinge wahrnimmt. Weil er uns eine Stadt erschließt.
Kurz vor dem Corona-Lockdown startete Greens Doku in den hiesigen Kinos - und lässt nun einen Blick auf ein New York City zu, das noch nicht 16.410 Virus-Tote zu beklagen hatte (Stand: 30.5.).
Außerdem neu in den Kinos: Janina Quints Dokumentation „Germans & Jews – Eine neue Perspektive“ (OmU im Odeon) und Jae-gon Sons Komödie „Rettet den Zoo“.
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