Was, wenn Jack Arnolds „Der Schrecken vom Amazonas“ die weiße Frau gekriegt hätte? In Guillermo del Toros in den 1960ern angesiedelter Fantasy-Romanze „Shape of Water - Das Flüstern des Wassers“ (Cinedom, Cinenova, Odeon, Residenz, Rex am Ring, UCI, OV im Metropolis) verliebt sich eine stumme Putzfrau (Sally Hawkins) in einen monströs liebenswerten Wassermann, der in einem Labor gefangen gehalten und für Experimente missbraucht wird. Aus der zarten Annäherung der beiden und dem Versuch der Heldin, ihren Liebsten zu befreien, macht der mexikanische Regisseur („Pans Labyrinth“) ganz großes Gefühlskino, das trotz schwelgerischem Mid-Century-Look aktuellen Biss hat: Del Toro bringt in Form des ungewöhnlichen Liebespaars und seiner Sidekicks (Richard Jenkins als homosexueller Nachbar der Putzfrau und Octavia Spencer als farbige Kollegin) eine Phalanx der „diversity“ gegen den US-Chauvinismus alter Schule in Stellung. Beim Filmfestival in Venedig gab es dafür verdient den Goldenen Löwen. Dazu ist der Film mit sage und schreibe 13 Nominierungen der große Favorit der diesjährigen Oscar-Verleihung.
Der US-Amerikaner John Paul Getty (1892-1976) machte in den 1950er Jahren ein Vermögen im Ölhandel. Im Juli 1973 wird sein 16-jähriger Enkel entführt, der Milliardär aber verweigert die Lösegeldzahlungen. Erst als die Lage dramatisch eskaliert, bewegt sich Getty. Die Geschichte ging seinerzeit um die Welt, Ridley Scott inszeniert sie nun in „Alles Geld der Welt“ (Cinedom, Cinenova, Cineplex, Rex am Ring, UCI, OmU im Metropolis) für die Leinwand. Im Vorfeld sorgte der Umstand für Wirbel, dass Kevin Spacey, der ursprünglich den alten Getty verkörperte, wegen der Belästigungsvorwürfe aus dem fertigen Film geschnitten wurde. Ridley Scott ersetzte ihn durch Christopher Plummer und ließ die Szenen wenige Wochen vor dem Filmstart kurzfristig nachdrehen. Das Ergebnis überzeugt. Mit wundervollen Dialogen skizziert Scott pointiert das Denken eines gewissenlosen Machtmenschen. Er zeichnet Getty mal wie Gordon Gekko aus „Wall Street“, mal wie Michael Corleone aus „Der Pate“: ein Mann, der sich nur dann großzügig und hilfsbereit gibt, wenn es steuerlich absetzbar ist. „Frei nach wahren Begebenheiten“ inszeniert Scott sein Drama erfahren stilsicher, und seine Darsteller (neben Plummer vor allem Michelle Williams und Mark Wahlberg) überzeugen.
Florence ist Grundschullehrerin. Mit ihrem Sohn lebt sie in einer Wohnung im Schulgebäude und kümmert sich liebevoll um ihre Schüler, vor allem um den vernachlässigten Sacha. Dabei verliert sie ihren eigenen Sohn etwas aus dem Blick, der daraufhin zu seinem Vater ziehen möchte. Florence drohen die stetig wachsenden Herausforderungen als Lehrerin und Mutter allerdings langsam zu entgleiten. Die wunderbare Hauptdarstellerin Sara Forestier („Der Name der Leute“, „Die unerschütterliche Liebe der Suzanne“) trägt Hélène Angels Film „Die Grundschullehrerin“ (Filmpalette) in fast jeder Minute. Aber auch die jungen Laiendarsteller, allen voran Ghillas Bendjoudi als Sacha, erzählen glaubwürdig von der Bedeutung einer liebevollen und pädagogisch wertvollen schulischen Erziehung. Ein kleiner, sensibler Film zu einem großen Thema.
Außerdem neu in den Kinos: Khaled Kaissars Agentenkrimi „Luna“ (Cinedom, Rex am Ring, UCI) mit Lisa Vicari, Ryan Cooglers neues Marvel-Heldenabenteuer „Black Panther“ (Cinedom, Cineplex, Rex am Ring, UCI, OmU und OV im Metropolis), Lawrence Shers Vater-Sohn-Komödie „Wer ist Daddy?“ (Cinedom, Cineplex, UCI) und Joya Thoms lebensnaher Kinderfilm „Königin von Niendorf“ (Lichtspiele Kalk, Rex am Ring).
Bilanz für die Zukunft
„Alles unter dem Himmel“ am Museum für Ostasiatische Kunst – kunst & gut 02/19
„Lernen hat mit Liebe und Kreativität zu tun“
Das Kaffe Güzel in Köln-Zollstock
„Schwul? Das kriegen wir weg!“
Die Filmstarts der Woche
Ein neuer Blick auf die Kunst
Eine „ex-zentrische Moderne“ in Düsseldorf – Kunst in NRW 02/19
Experiment Normalität Kunst
Richard Hamilton und David Hockney im Museum Ludwig – das Besondere 02/19
„Ein guter Song funktioniert in jedem Genre“
Der Lohmarer Songwriter Tobias Röger über musikalische Dienstleistung mit Seele – Interview 02/19
„Ein Mechanismus, der besser ist als der Markt“
Medienwissenschaftler Stefan Heidenreich über das Verschwinden des Geldes als Zahlungsmittel
Virtuell verwirrt
„Die mit den Augen atmen“ in der Tanzfaktur – Bühne 02/19
WG auf der Bühne
„Auerhaus“ im Theater der Keller – Bühne 02/19
Der Genuss der Stille
„Schreibraum“ für literarische Produktion in Köln – Kulturporträt 02/19
Seelenschau als Varieté
„Kafka“ am Freien Werkstatt Theater – Theater am Rhein 02/19
Der besorgte Bürger
Zwischen Empathie und Touchpad: Kindertheater „Frau Meier, die Amsel“ im Casamax – Bühne 02/19
Das versoffene Dasein
„Eines langen Tages Reise in die Nacht“ in Bonn – Theater am Rhein 02/19
Was wird aus dem Cinenova?
Will eine Immobilienfirma Ehrenfelds Filmkunstkino in die Knie zwingen? – Kino 02/19
Klagen über Klagen
Futur3 mit „Eine Stadt klagt sich an“ im Pfarrsaal von St. Michael – Bühne 02/19
Wir schaffen das – weiterhin
Noch immer zieht es viele Flüchtlinge direkt nach Köln – Nachgefragt 02/19
Schlag auf Schlag
Repercussion spielen im Kunstpalast in Düsseldorf
Kreatives Genre-Battle
Jazz-Klassik-Konzert „Original oder Fälschung“ im Kunstpalast in Düsseldorf
Mütter und Mothers
Junge Mütter, männliche Mütter und Großmütter – Unterhaltungsmusik 02/19
„Menschsein muss man sich leisten können“
Sascha Hawemann inszeniert „Liliom“ am Theater Bonn – Premiere 02/19
Neue Perspektiven
Ausbau der Tanzfaktur wirft Fragen auf – Tanz am Rhein 02/19
Känguru, Chaos und Schnapspralinen
„Die Känguru-Chroniken“ in der Comedia – Komikzentrum 02/19
Gefangen im Kaninchenstall
Urbane Machtverhältnisse in Vandekeybus‘ Tanzstück „TrapTown“ – Tanz am Rhein 02/19
Interventionen im öffentlichen Raum
Eine Veranstaltungsreihe erinnert an Heinrich Pachl – Kino 02/19
Großes Thema, wenig Substanz
Diskussionsabend „Demokratie – Ein Elitenprojekt?“ an der Volksbühne – Spezial 02/19