Juliet, Naked
USA 2018, Laufzeit: 105 Min., FSK 0
Regie: Jesse Peretz
Darsteller: Rose Byrne, Ethan Hawke, Chris O'Dowd
>> www.juliet-naked.de
Romantische Komödie nach einem Nick-Hornby-Roman
Annie, not naked
„Juliet, Naked“ von Jesse Peretz
Wenn wir Annie kennenlernen, hat sie sich schon in ihr Schicksal gefügt: ein Job in einem provinziellen englischem Heimatmuseum, eine lesbische Schwester, die wöchentlich neu verliebt ist und vor allem ein Partner, der völlig absorbiert ist von einem Phantom, dem amerikanischen Sänger und Komponisten Tucker Crowe. Von dem hat man seit Ewigkeiten nichts gehört und gesehen, eine Art Thomas Pynchon der Popmusik. Eines Tages kommt eine CD mit der Rohversion von Crowes wichtigstem Werk „Juliet“, genannt „Juliet, Naked“. Annie, müde, genervt und des ganzen Tamtams auf der Fansite ihres Freundes überdrüssig, postet einen bissigen Kommentar zu diesem Song auf der Seite und erhält Bestätigung – von Tucker Crowe.
Während sie also anfängt, ausgiebig mit dem angeblich untergetauchten Songwriter (Ethan Hawke) zu chatten, ergeht sich ihr ziemlich komischer Freund Duncan (Chris O‘Dowd) mit seinem kleinen Online Fanclub in ausgiebiger Exegese von Tuckers Werken. Eines Tages hat Tucker in England zu tun, wohin er mit seinem kleinen (übrigens hervorragend locker gespielten) Sohn Jackson fliegt, und es kommt zur Begegnung mit Annie aber auch mit Duncan.
Nick Hornby, von dem die Vorlage stammt, hat immer wieder Männer porträtiert, die einfach nicht erwachsen werden wollen und sich stattdessen an Hobbys festbeißen. In diesem Punkt ähnelt „Juliet, Naked“ den frühen Romanen „Fever Pitch“ und besonders „High Fidelity“. Hier sind es gleich zwei älter gewordene Jungs, die sich erfolgreich wehren: Duncan, der Fan, und Tucker, der Künstler. Der lebt in einem Schuppen auf dem Grundstück einer Ex. Gelegentlich entfällt ihm die Anzahl seiner weit verstreuten Kinder, nur um den jüngsten Sohn Jackson kümmert er sich richtig, die anderen tauchen auf, verschwinden wieder und hinterlassen ihn mit schlechtem Gewissen. Ethan Hawke stattet diese Figur mit einer interessanten Mischung aus Melancholie, Coolness und Orientierungslosigkeit (und der richtigen Sonnenbrille aus eigenem Bestand) aus. Übrigens singt er die Songs auch selbst – wie bereits im Chet-Baker-Film „Born to Be Blue“. Annie hingegen, die sich diese beiden Exemplare mit einem gewissen Fatalismus anschaut, ist zu klug, um ihre Überlegenheit zu zeigen. Rose Byrne ist für diese Figur ein Glücksfall, sie vereint mühelos verschiedene Qualitäten: Annie ist für so ziemlich alles überqualifiziert, besonders für ihre Arbeit und die Männer um sie herum und strebt dennoch nicht nach Höherem. Sie hat Humor, ohne sich als Rampensau zu profilieren, sie ist bildschön und dabei freundlich und zurückhaltend.
Die Ereignisse und Begegnungen hätten durchaus die Fallhöhe für dramatische Szenen, doch Regisseur Jesse Peretz verkneift sich dergleichen und bleibt bei intelligentem Understatement. So ist auch der Humor des Films eher leise, selbst in wirklich lustigen Szenen. Und so gelingt der Regie und dem hervorragenden Ensemble ein erstaunlich gelassenes Gleichgewicht, ein charmantes Understatement und ein sehr angenehmes Filmvergnügen.
(Ingrid Bartsch)
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