Nachdem ihr Partner stirbt, verfällt Corine Sombrun in Depressionen. Um sie auf andere Gedanken zu bringen, verhilft ihr ein Freund zu einem Job in der Mongolei. Dort soll sie ein schamanisches Ritual aufnehmen, gerät währenddessen aber selber in einen Trancezustand. Die Schamanin attestiert ihr eine Gabe, der sie folgen müsse. Corine will davon nichts wissen und reist zurück. Doch das Erlebte lässt sie nicht los und sie kehrt zurück, um sich ihrer Aufgabe zu stellen. Cécile de France spielt die Hauptfigur in „Eine größere Welt“ (Cinenova, Odeon) angenehm unprätentiös, und auch Fabienne Berthauds bewegende Inszenierung ist vor allem daran interessiert, Corines Seelenzustand zu porträtieren und kein esoterisches Heldenepos zu zelebrieren. Das ist ganz im Sinne der echten Corine, die seither sehr wissenschaftsbasiert mit Neurologen Trancezustände erforscht.
Seit über vierzig Jahren sind Arthur und César beste Freunde. Dann erfährt Arthur zufällig, dass Cesar Krebs hat. Aufgrund eines Missverständnisses aber denkt Cesar, Arthur hätte Krebs. Arthur, vom Trugschluss überrollt, spielt das Spiel mit. Das mag nach konstruiertem Klamauk klingen. Aber die Tragikomödie „Das Beste kommt noch“ (Cinedom, Cineplex) stammt aus Frankreich, und die Franzosen können es einfach: Wenn hier der Todgeweihte gedenkt, seinem Freund die letzten Tage zu versüßen, reichen sich Tragik und Komödie ausgewogen die Hand. Und das endet nicht so dekadent und seicht wie Rob Reiners (gar nicht so schlechter Film) „Das Beste kommt zum Schluss“. Nein, dieses Drama umfährt mit seinem Darsteller-Dreamteam die üblichen Klischee-Vorlagen und weiß zu erheitern, zu berühren und zu überraschen. Mit Seele und Träne.
Die ehemalige Sklavin Harriet Tubman (1820 – 1913) ging als engagierte Fluchthelferin und Frauenrechtlerin in die Geschichte ein – ohne einen angemessenen Bekanntheitsgrad zu erreichen. Kasi Lemmons („Talk to Me“) holt dies nun nach. Das Drama „Harriet – Der Weg in die Freiheit“ (Cineplex, Rex am Ring, OV im Rex am Ring) erzählt ihre Geschichte – und schenkt ihr die überfällige Aufmerksamkeit. Der Film vertraut nicht auf das grundsätzliche menschliche Wesen der Nächstenliebe, sondern ordnet es strikt der Religion zu und feiert damit über das Schicksal der Freiheitskämpferin die Kraft des christlichen Glaubens. Besonders stark ist das Drama derweil, wenn der Glaube an Veränderung ganz ohne Hokuspokus Berge versetzt. Dann darf man sich einem aufreibenden Drama hingeben, in dem eine Sklavin lernt, aufrecht zu stehen.
Außerdem neu in den Kinos: Mike Figgis' Doku „Ronnie Wood: Somebody Up There Likes Me“, Gero von Boehms Portrait „Helmut Newton – The Bad and the Beautiful“ (Rex am Ring), Henry Alex Rubins Actiondrama „Semper Fi“ (Cinedom, Cineplex), Osgood Perkins' Märchenhorror „Gretel & Hänsel“ (Autokino Porz, Cinedom, Cineplex) und Tony Cervones Hunde-Animationsspaß „Scooby! Voll verwedelt“ (Cinedom, Rex am Ring).
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