Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
15 16 17 18 19 20 21
22 23 24 25 26 27 28

12.557 Beiträge zu
3.787 Filmen im Forum

Beim IFFF müssen Männer nicht draussen bleiben: Eröffnungsfilm „Draußen“ von Johanna Sunder-Plassmann und Tama Tobias-Macht
Foto: Thekla Ehling

Von außen und von innen

29. März 2018

Diversität und ihre Repräsentanz beim Internationalen Frauenfilmfestival – Festival 04/18

Keine Frage: Ein Filmfestival wie das Internationale Frauenfilmfestival Dortmund / Köln (IFFF), das seinen Fokus auf die Frauen vor und hinter der Kamera legt, hat seine Daseinsberechtigung. Die Tatsache, dass der Anteil von Frauen im Film weit hinter ihrem Bevölkerungsanteil liegt, ist Grund genug für ein solches Festival. Und dennoch haben die Debatten des letzten Jahres seine Notwendigkeit noch deutlicher vor Augen geführt. Debatten, die sich kurz und knapp per Hashtag in Erinnerung rufen lassen: #metoo, #timesup #nobodysdoll, #proquoteregie beziehungsweise #proquotefilm bis hin zu #paygap. Vor allem im vergangen Jahr sind Fragen zu Diversität und Repräsentanz, zu Sexismus und Übergriffen am Arbeitsplatz, zu ungleicher Bezahlung und überhaupt zu Chancengleichheit prominent diskutiert worden. Der Fall Weinstein und dessen Folgen hat ein neues Bewusstsein geschaffen, so dass tatsächlich die Machtstrukturen in Hollywood und auch jenseits der Filmbranche ins Wanken gebracht wurden. Die Frage nach Repräsentanz, sowohl vor als auch hinter der Kamera, wird lauter gestellt denn je. Zuletzt setzte die Oscar-Gewinnerin Frances McDormand in ihrer Dankesrede ein beeindruckendes Zeichen und ließ alle nominierten Frauen im Saal aufstehen. Sichtbarkeit ist für ein Filmfestival natürlich ein grundliegendes Thema.

„Feministisch, vielstimmig und multimedial“ – so überschreibt das Internationale Frauenfilmfestival Dortmund / Köln sein diesjähriges Festivalprogramm. Nach der letztjährigen Ausgabe in Dortmund findet das alternierend in den beiden Städten ausgetragene Festival in diesem Jahr vom 24. bis zum 29. April wieder in Köln statt (ein kleines Auswahlprogramm ist vom 26. bis zum 28. April in Dortmund zu sehen). An sechs Tagen präsentiert die 35. Ausgabe rund 100 Filme in den Sektionen „Panorama“ für außergewöhnliche Erzählperspektiven und Bildsprache, „begehrt! – Filmlust queer“ und dem „Fokus“ mit dem Länderschwerpunkt „Über Deutschland“.

Im Zentrum des Festivals stehen die drei Wettbewerbe. Neben dem Deutschen Wettbewerb für Nachwuchs-Bildgestalter*innenfür die häufig zu wenig beachteteKameraarbeit und dem vonchoices gestifteten Publikumspreis in Höhe von 1000 Euro für das beste Feature (Spiel- oder Dokumentarfilm) ist das der mit 10.000 Euro dotierte Internationale Debüt-Spielfilmwettbewerb mit acht aktuellen Produktionen, darunter zwei Deutschlandpremieren. Die Filme aus aller Welt erzählen Geschichten von Familie, Flucht und Abschied. Aber auch der Fokus mit dem Titel „Über Deutschland“ ist charakteristisch für das Festival, das neben ästhetischen auch immer politische Positionen in den Blick nimmt. Die hier gezeigten Filme verhandeln Themen wie Vielfalt, Identität sowie Aneignung und Selbstermächtigung. Denn noch viel zu häufig werden Marginalisierte zwar thematisiert, aber die Perspektive ist ein Blick von außen auf die Betroffenen, und nicht die Perspektive der Betroffenen. Auf dem IFFF wird daher auch ein Kurzfilm präsentiert, den die Filmemacherin Britta Wandaogo zuvor in einem Workshop mit 18- bis 20-jährigen TeilnehmerInnen zu dem Motto „I speak so you don’t speak for me - The Cinema of Me“ erarbeitet hat.

Die Außenperspektive könnte man auch dem Eröffnungsfilm „Draußen“ der beiden Kölner Regisseurinnen Johanna Sunder-Plassmann und Tama Tobias-Macht vorwerfen. Doch die Dokumentation, die auf der diesjährigen Berlinale seine Premiere feierte, hat ganz eigene Qualitäten: Vier Männer, die auf der Straße leben, werden zuallererst anhand ihrer wenigen Besitztümer porträtiert. Beide Regisseurinnen sind Absolventinnen der Kunsthochschule für Medien Köln (KHM) und zugleich Gründungsmitglieder des Kollektivs Dokomotive, das sich für bessere Bedingungen für den Dokumentarfilm einsetzt. Die Kameraarbeit hat die Französin Sophie Maintigneux übernommen, die an der KHM lehrt. Hinter der Kamera Frauen, davor Männer – auch diese ungewöhnliche Verteilung findet man auf dem IFFF. Hier müssen Männer aber nicht draußen bleiben, sondern sind herzlich eingeladen, Filme zu gucken und zu diskutieren. Nur gemeinsam kann es funktionieren.

Internationales Frauenfilmfestival Dortmund / Köln | 24. - 29.4. | diverse Orte | www.frauenfilmfestival.eu

Das Programm in Köln:

Di. 24.4.:
19:30: draußen (Odeon, Festivaleröffnung)

Mi. 25.4.:
18:30: A Woman Captured (Odeon)
19:00: Bruderland ist abgebrannt (KHM Aula)
20:45: Fridas Sommer (Odeon)
21:30: begehrt! Kurzfilmprogramm (Filmpalette)

Do. 26.4.:
16:00: draußen / What Time is Love? (Odeon)
18:00: Benzine (Odeon)
18:00: begehrt! Podiumsdiskussion (Altes Pfandhaus)
20:00: Monika Hauser - Ein Porträt (Filmforum)
20:15: After the War (Odeon)
20:30: Parallel Planes (Altes Pfandhaus, m. Konzert)
21:30: begehrt! Web-Serie (Filmpalette)
22:15: Panorama Kurzfilmprogramm (Odeon)

Fr. 27.4.:
16:30: Violently Happy / Wie ich mich verlor (Odeon)
17:00: Waldheims Walzer (Filmpalette)
18:00: I Am Not a Witch (Odeon)
18:00: Writing with Flaming Fingers (Altes Pfandhaus)
18:30: begehrt! Comic-Lesung (Filmforum)
20:15: Jibril (Odeon)
20:30: Lange Filmnacht (Filmforum)
20:30: Kurzfilmprogramm (Altes Pfandhaus)
21:30: begehrt! 2 Kurzfilme (Filmpalette)

Sa. 28.4.:
14:00: Panel-Diskussion (Filmforum)
16:00: begehrt! Kurzfilmprogramm (Filmforum)
16:00: Aggregat (Filmpalette)
16:30: Kurzfilmprogarmm (Odeon)
17:00: Panel-Diskussion (Altes Pfandhaus)
18:00: Medea (Odeon)
18:15: El pacto de Adriana (Filmforum)
20:15: The Heart (Odeon)
20:30: Nico, 1988 (Filmforum)
21:30: Those Who Remain (Filmpalette)

So. 29.4.:
12:00: Ein roter Teppich für Asta Nielsen (Odeon)
13:00: Pierburg: Ihr Kampf ist unser Kampf (Altes Pfandhaus)
13:30: After/Life, Die neuen Kinder von Golzow (Odeon)
14:00: Vibrancy of Silence: A Discussion with my Sisters (Filmpalette)
14:00: Mein 20. Jahrhundert (Odeon)
15:00: Heim - Drehbuchlesung und Gespräch (Altes Pfandhaus)
16:00: Im freien Fall (Filmpalette)
16:00: Con el viento (Odeon)
17:00: Spots zum Tribunal NSU-Komplex auflösen (Altes Pfandhaus)
19:00: Preisverleihung m. Screening des Publikums-Preisgewinners (Britney -Schauspiel Köln Offenbachplatz)
21:00: Screening des Preisträgers Debüt-Spielfilmwettbewerb (Odeon)

Christian Meyer-Pröpstl

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Civil War

Lesen Sie dazu auch:

Feministische Gegennarrative
Das Internationale Frauen* Film Fest kehrt zurück ins Kino – Festival 03/22

Diverses Filmschaffen
Internationales Frauen* Film Fest Dortmund+Köln – Festival 06/21

Identität, Kunstfreiheit und feministischer Porno
Frauenfilmfestival zeigte Filme von, mit und für Frauen, Queere und Neugierige – Festival 09/20

Filmische Freiräume!
Internationales Frauenfilmfestival zeigt Vielfalt – Festival 09/20

„Frauenkörper unter Druck“
Die neue Leiterin des Internationalen Frauenfilmfestivals im Gespräch – Festival 04/19

Aus weiblicher Perspektive
Internationales Frauenfilmfestival Dortmund/Köln – Festival 04/19

More than Gender
Einigkeit beim Frauenfilmfestival: mehr Gleichberechtigung! – Festival 05/18

From Rags to Punk
Musikdoku „Parallel Planes“ beim Frauenfilmfestival – Foyer 05/18

Preis für „Gefangene“
Erfolgreiche Bilanz des Frauenfilmfestivals – Festival 05/18

Vier Außenseiter
„Draußen“ eröffnet Frauenfilmfestival – Foyer 04/18

Kontrollwahn trifft Kontrollverlust
Internationales Frauenfilmfestival IFFF Dortmund | Köln vom 4.-9.4. – Festival 03/17

Die Liebe zur Musik verbindet
Doku über das Amsterdamer Concertgebouworchester im Filmforum – Foyer 01/17

Festival.

Hier erscheint die Aufforderung!