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„Gas II"
Foto: Meyer Originals

Tödliche Energie

27. November 2014

Kaisers „Gas II" im Hochbunker k101 – Theater am Rhein 12/14

Der Rohstoff Öl hat im Industriezeitalter eine positive ikonographische Bedeutung entwickelt. Sprudelnde Quellen oder Fördertürme zeugen davon. Gas hat es da schwerer, schon wegen seines flüchtigen Aggregatszustandes gilt es eher als bedrohlich. Georg Kaisers expressionistisches Triptychon „Die Koralle/Gas I/Gas II" entstand unter dem Eindruck des 1. Weltkriegs und dramatisiert den Fluch des Kapitalismus, seines Energiehungers und des tödlichen Einsatzes dieser Energie, sprich des Giftgases. Regisseur Kristóf Szabó konzentriert sich auf das dritte Stück und lässt das Geschehen bereits in den Vorräumen des Bunkers k101 in Ehrenfeld beginnen. Da werden Konsumwünsche abgefragt oder die Zuordnung zur Partei der Blauen oder Gelben verlangt. Unter der Herrschaft der Blauen steht denn auch die Erzeugung von Gas, das bei Kaiser weltweit als Rohstoff dient. Arbeiter in militaristisch-grauer Kleidung eilen mit artifizieller Gestik durch den Raum, verkünden Produktionsrückstände, berichten von Widerstand; der Protest lässt kurz die Utopie einer Revolution aufscheinen.

Doch die Gelben nutzen die Verwirrung und bringen in einem großen Krieg die Gasproduktion unter ihre Kontrolle. Im langgestreckten Raum des Hochbunkers gelingt ein bewegtes Spiel. Vor allem Thomas Krutmann und Ursula Wüsthof verleihen der pathetisch-expressionistischen Sprache Anschaulichkeit und dialogische Schärfe. Szabó schummelt das Artifizielle von Kaisers Drama nicht weg, sondern hebt es heraus, indem er immer wieder kurze Tanzeinlagen oder Lautgesänge einbaut. Schließlich entwickelt der Großingenieur mit dem Giftgas die ultimative Waffe und das Volk fordert seinen Einsatz: Der Untergang ist vorprogrammiert. Die aktuellen Parallelen reichen vom Energiehunger und dem Kampf um Rohstoffe über Fukushima und den russisch-urkainischen Gasstreit bis zur Kriegsgefahr. Sicher hätte man dem Abend etwas mehr Ausstattung gewünscht, auch musikalisch ist noch Luft nach oben, doch insgesamt gelingt Szabó angesichts der begrenzten Mittel ein erstaunlich eindringlicher Theaterabend.

„Gas II" | R: Kristóf Szabó | Hochbunker k101, Ehrenfeld, Körnerstraße 101 | 27.11. 20 Uhr | Karten: kristof-szabo@gmx.de

HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN

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