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„Nach dem Ende“
Foto: Wolfgang Weimar

Im Theaterbunker

27. Oktober 2010

Das artheater spielt Kellys „Nach dem Ende“ - Auftritt 11/10

Die Frage des Abends lautet: „Was ist da oben?“ Oben, das ist dort, wo im artheater eine Leiter hinführt. Außerhalb des Bunkers, in dem Mark und Louise sich mit Tisch, Stuhl, Matratze, Truhe und Putzeimer verschanzt haben. Dennis Kellys Stück „Nach dem Ende“ spielt nach einer Katastrophe, bei der der Mann seine ohnmächtige Freundin in den Bunker geschleppt hat – sagt er zumindest. Bernd Rehse gibt Mark als Ordnungsfreak, der Decken und Dosen sortiert und seine Macht über Wiebke Kuttners leichtlebige und ironische Louise genussvoll auskostet. Der Zivilisationslack platzt schnell ab in diesen Dialogen nach der vermeintlichen Apokalypse, die Beziehung gerinnt zur Machtfrage im Geschlechterkampf. Mark verteidigt seine Dosenmahlzeiten in der Vorratskiste wie eine Beute; Großportion für sich, Häppchen für die gierig schlingende Louise. Archaisierung ist das eine, die Regulierungswut das andere. Marks Versuch, Louise zum Kinderspiel „Dungeons & Dragons“ zu zwingen, beantwortet sie mit einem ironischen Strip im Drachenkampf.
Regisseur André Erlen lässt Kellys vorhersehbares Stück streng psychologisch spielen und setzt auf die emotionale Überrumpelung der an allen vier Seiten der Arenabühne sitzenden Zuschauer. Der Gewaltpegel steigt sukzessive. Mark kettet Louise an der Leiter fest, sie zwingt ihn mit dem Messer, sie zu befreien. Kastrationsandrohung plus Essensherausgabe gibt’s gratis dazu. Die Machtverhältnisse kehren sich jedoch nur kurz um. Mark befreit sich und vergewaltigt Louise brutal. Wiebke Kuttner und Bernd Rehse drehen gekonnt an der Eskalationsschraube und lassen die Emotionen von der Leine. Doch darin liegt auch eine Schwäche. Es ist eine Inszenierung ohne doppelten Boden, die nie über die konkrete Situation hinausweist. Denn was da oben oder draußen ist, ist eine Frage, die das Theater im Kern betrifft: Was bekommen Theaterleute von der Realität „da draußen“ überhaupt noch mit? Dennis Kellys „Nach dem Ende“ ist letztlich ein Stück über die Blindheit des Betriebes. Die Inszenierung im artheater begnügt sich mit ihrem Dasein im Theaterbunker.

„Nach dem Ende“ von Dennis Kelly
R: André Erlen I artheater I 15.-17.11., 20 Uhr
www.artheater.info

HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN

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