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Improvisation mit B-Movie-Ästhetik: Colorist aus Köln
Foto: Colorist

Endlich wieder Bandsalat

29. Januar 2015

Tape-Labels an Rhein und Ruhr – Popkultur in NRW 02/15

In der Regel ist Popkultur auch da der Gegenwart verbunden, wo sie sich ihr zu entziehen versucht. Der Beweis dafür: die Kassettenlabel. Seit mehreren Jahren findet man in jedem halbwegs sortierten Plattenladen einen kleinen Tisch, auf dem sich die kleinen Plastikhüllen stapeln. Die Cover sind abstrakte Zeichnungen im Kleinformat, oft im Siebdruckverfahren hergestellt und daneben findet man zumeist noch eine kleine Nummer: Der Release ist limitiert. Überspielt werden die Kassetten zu Hause oder in einem der wenigen Tapewerke. Ein kleines Netzwerk dieser Tapelabels hat sich mittlerweile herausgebildet, vernetzt wird sich über das Internet. Fast wie in den 80ern, als der Tape-Underground die bevorzugte Spielwiese für Elektronik- und Experimentalmusiker war.

Und hier kommt dann die Gegenwart ins Spiel. Kassetten sind nicht mehr das billige Medium der Wahl, sondern Distinktion: Um nicht im Überangebot auf Soundcloud unterzugehen, wird die Musik lieber auf ein paar verrauschten Magnetbändern herausgebracht – nicht exklusiv, aber bevorzugt. Und auch der Musik soll man sich abseits des Rechners widmen. Das Frankfurter Tape-Label SicSic veröffentlicht am liebsten krautige Synthesizer-Experimente (teils mit Kölner Beteiligung), die sich durch eine Reihe von Effekten auftürmen, oder Experimente mit Kassetten, die in verschiedenen Geschwindigkeiten abgespielt werden – das Medium ist die Botschaft. Auf dem Kölner Label Camp Magnetics steht dagegen der Live-Charakter der Aufnahmen im Vordergrund. Camp Inc produzieren ihre poppigen House-Tracks bevorzugt mit analogem Equipment und noch lieber treten sie live auf. Die Kölner Band Colorist lässt ihre Freeform-Improvisationen mit einem Horrorfilm-Sample beginnen und dann zu einer Orgie aus Giallo-Soundtrack-Klängen mit präpariertem Klavier und elektrisch verstärkter Geige anschwellen. Passenderweise ist kein Stück kürzer als 20 Minuten – eine Tapeseite also. Das Schöne daran ist, dass trotz der Lust am Experiment diese Musik nicht zu einer reinen Versuchsanordnung wird, sondern die Improvisation ebenso sehr auf der Ebene der Zeichen funktioniert.

Auch in Mülheim an der Ruhr wird Musik auf Kassette aufgenommen. Ana Ott heißt die dortige Tonbandvertriebsfirma. Begonnen hat alles mit einer sich langsam entwickelnden Drone-Veröffentlichung von Tesk – fast schon Pflichtprogramm für Tape-Labels. Darauf folgte als zweiter Release ein Tape von Morphious B, der die Drones für schillernd modulierte Funk-Synthesizer eintauschte. Noch weiter könnten die Klangfarben nicht voneinander entfernt sein. Ansonsten widmen sich die Macher von Ana Ott der auf bescheidenem Maße vor sich hin blühenden Improv-Szene in Mülheim rund um das soziale Zentrum Makroscope. Ohne DIY geht’s also nicht, soviel Verbundenheit zum alten Tape-Underground muss schließlich sein.

Info: SicSic: sicsic.de | Camp Magnetics: campmagnetics.wordpress.com | Ana Ott: anaott.de

Christian Werthschulte

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