Auf Twitter gab es neulich eine interessante Diskussion. „Avengers: Endgame“ hatte gerade „Avatar“ als erfolgreichsten Film der Kinogeschichte abgelöst, und es ging darum, dass diese ganze Entwicklung von Disney zum wohl größten Entertainment-Unternehmen nicht ganz ohne sei. Immerhin macht Disney fast die Hälfte des Kinomarktes aus, seitdem das Filmstudio nach Pixar, Marvel und Lucasfilm im März 2019 nun auch 20th Century Fox übernommen hat. Deshalb lohnt es sich tatsächlich, diese Diskussion noch mal aufzugreifen.
Auch weil Marvel gerade total angesagt ist. Ich zum Beispiel habe Freunde, die gehen tatsächlich nur noch ins Kino, um Marvel-Filme zu schauen, obwohl sie sonst mit Mainstream nicht viel am Hut haben. Ich weiß dann nie, was ich dazu sagen soll. Teilweise kann ich das natürlich nachvollziehen. Also, dass Leute einfach total den Comic-Bezug haben und deshalb keinen Film verpassen wollen. Oder dass sie eben auf dieses Event-Kino stehen aus 3D und Überlänge. Und natürlich sind das auch gute und auf ihre Art auch wichtige Filme. „Black Panther“ zum Beispiel hat sicherlich einen großen Anteil daran, dass Afrofuturismus mittlerweile im Mainstream angekommen ist. Und mit Valkyrie hat Marvel die erste offizielle LGBTQ-Superheldenfigur. Aber hier ist tatsächlich mal ein Gegenargument, das über das übliche Sind-die-Filme-nicht-alle-ähnlich? hinausgeht. Denn hinter diesem ganzen Marvel Cinematic Universe steckt eben ein Großkonzern: Disney. Und der setzt gerade dazu an, die Kinolandschaft zu dominieren.
Wie genau macht Disney das? Einmal in dem sie im Prinzip jeden Monat einen Film rausbringen. In diesem Jahr unter anderem „Ralph reichts 2“ (Januar), „Dumbo“ (März), „Avengers: Endgame“ (April), „Aladdin“ (Mai), „X-Men: Dark Phoenix“ (Juni), „Der König der Löwen“ (Juli), „Toy Story 4“ (August) und diesen Monat „Ad Astra“. Nicht jeder dieser Filme war tatsächlich ein Erfolg. Aber jeder hat Kinosäle blockiert. Außerdem macht Disney den Kinobetreibern scharfe Vorgaben. Wer in den USA beispielsweise „Star Wars – Episode VIII: Die letzten Jedi“ zeigen wollte, musste sich dazu verpflichten, den Film mindestens vier Wochen zu zeigen und zwar im größten Kinosaal. Zusätzlich mussten die Kinos höhere Abgaben als üblich an Disney leisten.
Ähnliche Bedingungen gibt es auch in Deutschland. Gerade für kleine Kinos ist das ein Problem. Denn sie sind zum Teil auf solche Filme angewiesen. 2015 gab es tatsächlich mal einen Anti-„Star Wars“-Streik, aber den konnte natürlich kein Kino durchhalten. 576 Filme sind im letzten Jahr in Deutschland angelaufen. Das sind im Durchschnitt elf Filme die Woche. Aber es gibt gerade mal 1.700 Kinos. Bei einem System wie Disney kann man sich ausrechnen, wie lange Filme zu sehen sind, die nicht in der Position sind, den Kinos Auflagen zu machen. Wer in Zukunft also nicht nur Superhelden-Filme und Remakes sehen möchte, der sollte ab und zu mal in einen Film gehen, der eben keine Disney-Produktion ist. Wie wäre es denn diesen Monat mal mit dem spannenden deutschen Debüt „Systemsprenger“?
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