Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
15 16 17 18 19 20 21
22 23 24 25 26 27 28

12.557 Beiträge zu
3.787 Filmen im Forum

David Lama im Foyer des Cinenova
Foto: Frank Brenner

Der heilige Gral des Alpinismus

27. März 2014

„Cerro Torre – Nicht den Hauch einer Chance“ im Cinenova – Foyer 04/14

Donnerstag, 6. März: David Lama hat als Kletterer von Jugendweltmeistertiteln über Europameistersiege so ziemlich alles erreicht, was man erreichen kann. Dabei ist der Sohn einer Österreicherin und eines Nepalesen gerade mal 23 Jahre jung. Eine neue Herausforderung suchte er im Alter von 19 Jahren und kündigte deswegen 2009 an, er wolle den schwierigsten Berg der Welt, den Cerro Torre in Patagonien, freikletternd bezwingen. Regisseur Thomy Dirnhofer, der das Unterfangen filmisch festhalten sollte, bezeichnete den Berg bei der Deutschlandpremiere des fertigen Films in Köln gar als „heiligen Gral des Alpinismus“. Dementsprechend wurde Lamas Vorhaben unter Kletterern belächelt, und auch das Filmprojekt von Kletter-Guru Reinhold Messner im Vorfeld scharf kritisiert. Dirnhofer hat die Zweifel des Südtiroler Extrembergsteigers mit „Cerro Torre – Nicht den Hauch einer Chance“ aber eindrucksvoll widerlegt, denn der Film ist kein beschönigendes Hochglanzprodukt geworden. Dazu Regisseur Dirnhofer: „Es hat kaum einer eine solch ehrliche und authentische Dokumentation erwartet, deswegen bin ich auch sehr stolz auf den Film.“

Zwei Anläufe, die nicht so ganz glücken, thematisiert der Film ebenso wie die letztendlich doch erfolgreiche Freiklettertour in eisigen Höhen. Der Wettkletterer David Lama konnte damit beweisen, dass er auch außerhalb von Hallen Talent und die nötige Ausdauer besitzt. „Wettkämpfe hatten für mich an Reiz verloren, weil ich alles gewonnen hatte, was ich gewinnen konnte“, begründete David Lama im Cinenova-Kino seine Ambitionen, ohne Hilfsmittel die Steilwand in Patagonien zu meistern. Thomy Dirnhofer verknüpfte mit dem Projekt von Anfang an hohe Ambitionen, die er schließlich alle über den Haufen werfen musste, weil vor Ort alles anders lief als zunächst geplant. Auch die Idee, David Lama und seinem Kletterpartner Peter Ortner parallel mit einem kletternden Kamerateam auf den Leib zu rücken, erwies sich als nicht praktikabel. „Die beiden waren einfach zu schnell für jeden kletternden Kameramann!“ Als Vorteil erwies sich dabei dann die Tatsache, dass Lama und Ortner selbst mit Headkameras und leichten HD-Handycams ausgestattet waren und ihren Aufstieg damit selbst aus nächster Nähe filmen konnten – der Film verdankt am Ende einige seiner spektakulärsten Bilder genau dieser Tatsache. Die Zweifel der Kletterkollegen haben David Lama nur zusätzlich angespornt. Durch sein Klettervermögen sah der 23-Jährige eine Chance, das Unmögliche zu schaffen. Dazu ergänzte er beim Publikumsgespräch: „Man muss ständig an sich arbeiten, wenn man bei einem Projekt an sein Limit geht.“

Thomy Dirnhofer und David Lama beantworten Fragen: Foto: Frank Brenner

Dass sich die Dreharbeiten am Ende über mehr als drei Jahre hinziehen sollten, konnte im Vorfeld niemand erahnen. Für Thomy Dirnhofer ist das Ergebnis aber eine „superschöne Teamerfahrung, da wir bei dem Projekt total zusammengewachsen sind.“ Das Publikum im Cinenova interessierte auch, ob David Lama bei den eisigen Temperaturen das Klettern ohne Handschuhe nicht schwer gefallen sei. Dieser wiegelte ab, dass er nach wie vor alle Finger habe, und das Projekt ohnehin erst gelang, als alle Voraussetzungen ideal waren – einschließlich des Wetters und der Temperaturen. Da er nach dem geglückten Aufstieg im Jahr 2012 auch die beiden folgenden Saisons am Cerro Torre verbrachte, weiß Lama jetzt, dass diese idealen Bedingungen 2013 und 2014 wieder nicht gegeben waren und er viel Glück hatte, dass er bei seinem dritten Anlauf letztendlich erfolgreich war. Natürlich hat der umtriebige Kletterer schon wieder neue Pläne, die die alten Erfolge selbstverständlich nochmals übertreffen müssen. Derzeit plant er, den K1 oder auch Masherbrum genannten 7000er in Pakistan zu erklettern. „Das entspricht ungefähr der Eiger Nordwand, auf die man den Cerro Torre obendrauf gesetzt hat!“ Dafür kann man dem sympathischen Extremsportler nur die Daumen drücken, aber er hat seinen Zweiflern ja schon einmal bewiesen, was alles in ihm steckt.

Frank Brenner

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Civil War

Lesen Sie dazu auch:

Bereichernde Begegnungen
„Anne-Sophie Mutter – Vivace“ mit Filmgespräch im Cinenova

Was wird aus dem Cinenova?
Will eine Immobilienfirma Ehrenfelds Filmkunstkino in die Knie zwingen? – Kino 02/19

Geschichte wiederholt sich
„La Peur“ im cinenova – Foyer 11/18

Großer Preis der kleinen Filme
Deutscher Kurzfilmpreis im Cinenova – Foyer 11/17

Von einem echten Wiener
„Die Migrantigen“ im Cinenova – Foyer 09/17

Ein Ende des Schweigens
„Unter aller Augen“ thematisiert Gewalt gegen Frauen weltweit – Foyer 02/17

Die perfekte Besetzung
„Die Mitte der Welt“ im cinenova – Foyer 11/16

Familie – ob du willst oder nicht
Preview von „Die Welt der Wunderlichs“ mit Regisseur Dani Levy – Foyer 10/16

Wahrheiten einer Nacht
Premiere von Aslı Özges „Auf einmal“ im Cinenova – Foyer 10/16

Eine etwas andere Weihnachtsgeschichte
„4 Könige“ im Cinenova – Foyer 12/15

Was das Zeug hält
„Dessau Dancers“ feiert im Cinenova Premiere – Foyer 04/15

Sie kriegen niemals genug
Deutschlandpremiere „3 Herzen“ im Cinenova – Foyer 03/15

Foyer.

Hier erscheint die Aufforderung!